© Tobias Berkmann

Hochtour Hochvernagtspitze und Fluchtkogel

Robert Blümke und Sebastian Simi

01.07.2022

Wer das Ötztal kennt, kennt die wunderbare Landschaft und die ewig langen Anstiege zu den Hütten. Knapp 4 Stunden Aufstiegszeit von Vent aus auf die Vernagthütte sind da schon mal einzuplanen. Dadurch ging es für 9 Sektionsmitglieder*innen am Freitag recht früh schon los, leider bei leichtem Nieselregen, über die Rofenhöfe hinauf zur Vernagthütte. Zu unserem Glück war für Samstag und Sonntag bestes Wetter für unsere zwei Gipfelziele, die Hochvernagtspitze (3.539 m) und der Fluchtkogel (3.500 m), vorhergesagt.  

So früh wie in diesem Jahr waren wir auf einer Sommerhochtour noch nie unterwegs, wir wollten Firn im Überfluss und einfach mal wieder bis zum Knie einsinkend eine Spur ziehen.  

Wenn da nicht dieser gruselige Winter 2021/22 uns einen Strich durch die „Schneeauflagen-Rechnung“ gemacht hätte. Gleich am Eingangsbereich der Hütte hing ein Zettel der Alpinpolizei von Imst: ACHTUNG STEINSCHLAG! Am 25. Juni 2022 wurde eine Gruppe Bergsteiger, die sich im Abstieg von der Wildspitze (3770 m) befand, unterhalb des Klettersteigs vom Mitterkarjoch von Steinschlag getroffen……. Bitte das Mitterkarjoch meiden und einen anderen Zu- und Abstieg auf und von der Wildspitze wählen. Dazu zwei aktuelle Fotos - der Standardweg von der Breslauer Hütte sieht jetzt schon schlimmer aus als Ende September! Die Wildspitze ist ja nicht wirklich weit weg - was wird uns wohl in den kommenden zwei Tagen an Bedingungen erwarten?  

Da der Wetterbericht die 0 Grad-Grenze auf über 4000 Hm vorhersagt, nutzen wir das allererste Frühstück am Samstag beim Morgengrauen, nicht dass wir uns im hohen Sulzschnee auf die Hochvernagtspitze quälen müssen. Nach ca. 1½ Stunden sehen wir vor uns unser Gipfelziel und die angedachte Aufstiegsroute – Fazit vorab: Wo kein Firn, da kein Einsinken möglich. Zum Glück hat es noch so viel Auflage, dass im steilen Stück des Gletschers kein Blankeis vorhanden ist. Der obere Teil des Gipfelaufbaus war bereits völlig schneefrei und wurde als kleine Blockkletterei problemlos von allen Teilnehmern*innen fix gemeistert.

Das heikelste Wegstück ist wohl inzwischen die Querung kurz nach/vor der Hütte unterhalb eines bröckeligen Felsaufbaus, hier ist der Helm auf dem Kopf sicher sinnvoller als im Rucksack. 

Früh am Nachmittag zurück auf der Hütte ging es dann neben dem wohlverdienten Weißbier oder Kaffee zu Kaiserschmarrn und Kuchen über. Diese „Gaumentratzer“, die du schon kilometerweit riechst, sind auf der Vernagthütte einfach unschlagbar.

Am Sonntag ging es dann auch früh rauf auf den Fluchtkogel. Obwohl eine nicht allzu lange Hochtour - so stand zu dem ewigen Abstieg nach Vent ja auch die Heimfahrt an. Spaßeshalber haben wir schon überlegt, das Seil auf der Hütte zu lassen, bei aperen Gletschern sieht man ja eh jede Spalte.

Und tatsächlich, als Steigerung zur Tour am Samstag war hier der fehlende Firn gerade im ersten Teil des Gletschers eine doch recht steile und heikle Blankeistour. Anfang Juli eigentlich nicht vorstellbar, nur graues schmutziges Gletschereis um uns herum.

Zum Glück wurde es oben hinaus zum Joch dann doch etwas firnig, so dass wir ab hier in zwei Seilschaften mit guten Trittspuren den Fluchtkogel besteigen konnten. Ganz oben präsentiert er sich als ein sehr schuttiger und bröckeliger Gipfel, vor der Überschreitung wird inzwischen eindringlich abgeraten. Als Entschädigung gab es dafür eine bombastische Aussicht, die Wetterlage ermöglichte einen traumhaften Fernblick vom Adamello bis rüber zur Bernina.  

Nach einer ausgiebigen Gipfelrast ging es daher über den Aufstiegsweg wieder runter. Kurz vor dem steilen Blankeisstück wurde dann wieder auf seilfreies Gehen „umgestellt“. Eigenständig hat so jeder*jede Teilnehmer*in auch den Abstieg gefahrloser wieder gut gemeistert. Und nach einer kurzen Pause an der Hütte ging es dann bereits um die Mittagszeit bergab (gefühlt wieder ewig lang) in Richtung Vent zum Parkplatz.